

Stellungnahme der BAG abR zum Bundesteilhabegesetzes BTHG

30.06.2016 / Aktivitäten
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 26.4.2016 den Referentenentwurf für ein Bundesteilhabegesetz (BTHG) vorgelegt. Mit dem BTHG soll die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ausgebaut werden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft ambulante berufliche Rehabilitation (BAG abR) e.V. hat zum Referentenentwurf des Bundesteilhabegesetzes eine Stellungnahme verfasst.
Bundesarbeitsgemeinschaft ambulante berufliche Rehabilitation (BAG abR) e.V.
Stellungnahme zum Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen – Bundesteilhabegesetz BTHG
Die Bundesarbeitsgemeinschaft ambulante berufliche Rehabilitation (BAG abR) e.V. ist der Zusammenschluss von wirtschaftsnahen Leistungserbringern für ambulante Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Die mit dem Bundesteilhabegesetz beabsichtigten Umsetzungen hinsichtlich UN BRK und die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe gehen aus unserer Sicht in die richtige Richtung.
Aspekte stärkerer Individualisierung, Flexibilisierung, stärkere Beteiligung im Sinne Wunsch- und Wahlrecht sowie Prävention und Sozialraumorientierung unterstreichen dies.
Inwieweit eine hohe Individualisierung von ambulanten Teilhabeleistungen gelingen kann, stellen die Mitglieder der BAG abR schon seit langer Zeit in vielfältigen Projekten und Angeboten unter Beweis. Es ist erfreulich, dass durch die Personenzentrierung die individuellen Bedarfe verstärkt berücksichtigt werden können.
Inklusive Teilhabe am Arbeitsleben gelingt dort am besten, wo Arbeitgeber in die Gestaltung von inklusiven Lösungen mitgenommen werden können. In vielen Projekten – darunter im Projekt „Wirtschaft inklusiv“, welches die BAG abR unter Förderung durch das BMAS durchführt - zeigt sich, dass der Bedarf der Arbeitgeber an fachkundiger und auf die Belange der Unternehmen abgestimmter Beratung nach wie vor groß ist. Diesem Bedarf gilt es auch
in Zukunft Rechnung zu tragen.
Im Folgenden greifen wir aus unserer Sicht besondere Aspekte des Bundesteilhabegesetzes auf.
Förderung von Modellvorhaben zur Stärkung der Rehabilitation (§11)
Die Stärkung des präventiven Ansatzes und damit der Grundsätze „Prävention vor Rehabilitation“ sowie „Rehabilitation vor Rente“ wird begrüßt. Insbesondere die Möglichkeit, über Modellvorhaben innovative Maßnahmen zu erproben, eröffnet die Chance, alternative Wege zu finden und operativ umzusetzen. Insofern ist eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung nur folgerichtig.
In der Ausgestaltung der Förderung dieser Modellvorhaben sollte berücksichtigt werden, dass das gesamte Spektrum einbezogen wird, insbesondere sozialraumorientierte, wohnortnahe sowie betriebsnahe Aspekte. Die wichtigen Impulse, die inklusive und wirtschaftsnahe Partner als bewährte und innovative Experten einbringen können, sollten
genutzt werden.
Teilhabeplan (§19)
Die vorgesehenen Konkretisierungen zur Koordination der Leistungen durch einen Teilhabeplan werden befürwortet. Insbesondere die Orientierung am „bio-psychosozialen Modell“ in Verbindung mit einheitlichen Verfahren und Instrumenten geht aus Sicht der ambulanten Leistungserbringer in die richtige Richtung.
Persönliches Budget (§ 29)
Das Persönliche Budget hat sich aus unserer Sicht als Form der Leistungserbringung bewährt. Es berücksichtigt in besonderer Weise das Wunsch- und Wahlrecht. Insbesondere ambulante Formen der Leistungserbringung sind über das persönliche Budget gut umzusetzen. In der Praxis sind allerdings immer wieder Hürden im konkreten Verfahren zu überwinden. Die hier intendierten Verwaltungsvereinfachungen können helfen, diese Hürden zukünftig zu verringern. Gut ist auch die Klarstellung, dass persönliche Budgets auch von einem Leistungsträger allein erbracht werden können. Die bisherigen Persönlichen Budgets für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die durch ambulante wirtschaftsnahe Leistungserbringer erbracht wurden, wurden vorrangig durch einen einzelnen Leistungsträger bewilligt. Die Regelung folgt hier der bisherigen operativen Umsetzung. Die Praxis der Bewilligung von Persönlichen Budgets wird weiterhin zu beobachten sein.
Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (§ 32)
Die Installation einer unabhängigen Teilhabeberatung ist insgesamt eine begrüßenswerte Idee. Vor allem die Aspekte des Sozialraumbezuges und die Offenheit für die Vielfalt der möglichen Leistungen möchten wir positiv hervorheben. Ansätze der „Peer-Beratung“ haben sich auch aus unserer Sicht in bereits bestehenden Umsetzungen bewährt.
Die unabhängige Teilhabeberatung muss auch im Kontext der Arbeitgeber gesehen werden. Arbeitgeber benötigen auch für ihre Belange eine unabhängige Beratung zu allen sie betreffenden Aspekten der Teilhabe. Durch den Wegfall der Gemeinsamen Servicestellen wird dieser Bedarf noch deutlicher – auch wenn die Servicestellen in ihrer Praxis diese Aufgabe nur sehr eingeschränkt wahrnehmen konnten.
Alle Projekte und Aktivitäten, die sich an Arbeitgeber richten, um diese für die Themen Behinderung und Teilhabe aufzuschließen – wie z.B. „Wirtschaft inklusiv“, zeigen eindeutig, dass ein fester Ansprechpartner für die Unternehmen wichtig ist. Auch hier sollte der „Peer-Ansatz“ gelten.
Andere Leistungsanbieter (§ 60)
Die Öffnung der Leistungen nach §§ 57,58 für andere Leistungsanbieter ist aus unserer Sicht ein wichtiger Schritt in Richtung Vielfalt der Leistungsangebote und Alternativen zur Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Wir begrüßen ebenfalls die Regelungen zu den Qualitätsanforderungen für andere Leistungsanbieter. Insbesondere die Möglichkeit, Maßnahmen auf Plätzen in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes im Rahmen von ausgelagerten Plätzen zu realisieren, bietet ein großes Potenzial an inklusiven betrieblichen Lösungen. Im Kontext der weiteren Regelungen zum Budget für Arbeit ergibt sich hier eine sinnvolle Linie.
In der praktischen Umsetzung wird es darauf ankommen, dass mit einer Vielzahl von anderen Leistungsanbietern auch eine Vielfalt von anderen Leistungsangeboten einhergeht.
Budget für Arbeit (§ 61)
Das Budget für Arbeit eröffnet gute Möglichkeiten für eine inklusive Teilhabe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die bisherigen Erfahrungen mit den jeweiligen Modellprojekten sind ermutigend. Gut aus unserer Sicht ist es, dass der Bezug des Lohnkostenzuschusses sich jetzt an den Arbeitsentgelten des Arbeitgebers orientiert. So ist eine größere
Planungssicherheit für den Arbeitgeber gegeben. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass die notwendige Begleitung am Arbeitsplatz ausreichend realisiert werden kann. Zusätzlich haben Erfahrungen z.B. mit dem Hamburger Budget für Arbeit gezeigt, dass auch der Arbeitgeber in vielen Fällen eine an seinen Bedarfen orientierte Beratung benötigt, um das Budget für Arbeit in seinem Betrieb erfolgreich umsetzen zu können. Diese Beratungsleistungen müssen im Rahmen des Budgets für Arbeit ermöglicht werden.
Inklusionsprojekte (§ 215)
Die Stärkung von Inklusionsprojekten ist aus unserer Sicht gut. Wichtig erscheint es uns, dass die Inklusionsprojekte der ihnen zugeschriebenen „Brückenfunktion“ in den ersten Arbeitsmarkt auch in der Realität nachkommen können. Alle Regelungen, welche die Inklusionsprojekte diesbezüglich betreffen, sollten daraufhin geprüft werden.
Plauen, den 12.05.2016
Richard Nürnberger
Vorsitzender des Vorstands der
Bundesarbeitsgemeinschaft ambulante berufliche Rehabilitation (BAG abR)
Straßberger Straße 27 – 29
08527 Plauen